Die Zauberhöhle Teil 1 . Unsere Erden

Die Zauberhöhle – Erster Teil

Alle Kinder sind begeistert von den lustigen Abenteuern, die Petzi und seine Freunde erleben.

 Das Schiff stürzte kopfüber, tauchte mit dem Bug immer wieder in die aufgewühlten Wassermassen, wurde umhergeworfen und geschüttelt, es ächzte und knarrte, aber es hielt. Als sie am Fuß der Wassertreppe angekommen waren, lachten Petzi und seine Freunde erleichtert. Sie hatten sich an der Reling festgeklammert während des Sturzes, ihre Augen waren weit aufgerissen gewesen.

Inzwischen tropfte Petzi das Wasser in dicken Perlen aus dem Fell, und auch Pelle, der Pelikan, plusterte sein nasses Gefieder. Das Schiff trieb wieder gemächlich dahin, vorbei an kleinen, blumenübersäten Inseln. Die Freunde ankerten an einer Stelle, wo der Flusslauf breiter wurde, als hätte er sich verknotet. Das Ufer war flach und bedeckt von feinem Sand, der die Farbe von Pfannkuchenteig hatte. Sie gingen zu dem Häuschen hinauf, das einige Meter den Strand hinauf zu sehen war.

Als sie Paul Andersen und das Lämmchen das letzte Mal besucht hatten, hatten sie zusammen Kirschsuppe gekocht. Sie waren fröhlich gewesen und heiter, Paul Andersen hatte mit dem Schwanzbüschel versehentlich in der heißen Brühe gerührt, seine Löwenmähne hatte sich gesträubt, der riesige Kopf gewackelt und gezittert. Heute aber war niemand zu sehen. Vergebens riefen die Freunde seinen Namen.

Das Häuschen bestand aus weißen Ziegelsteinen und einem Dach aus Schilfrohr, das fast bis zum Boden reichte. Es hatte kein einziges Fenster. Petzi schlug mit den Fäusten gegen die grün gestrichene Holztür. „Hallo, ist da keiner“, rief er. „Vielleicht sind sie ja hinter dem Haus“, mutmaßte Pingo, der Pinguin. Beim Öffnen knarrte die Tür, als hätte sie große Schmerzen. Tiefe Schwärze starrte den Freunden entgegen. „Hier wohnt nur noch die Dunkelheit“, murmelte Petzi düster. „Machen wir die Tür zu, sonst zischt sie heraus.“

Hinter dem Haus fanden sie Blechtonnen im Gebüsch. Einige waren ungeordnet aufeinandergestapelt, andere lagen umgekippt im Sand, und rote Farbe blätterte von ihnen ab. Petzi und Pingo konnten sich keinen Reim darauf machen, warum die Fässer hier waren, und was sie mit dem Verschwinden von Paul Andersen und Lämmchen zu tun haben mochten. Eine Weile trommelten sie darauf herum, als wollten sie mit dem Krach etwas Unbestimmtes aus den Büschen aufscheuchen. Plötzlich winkte Pelle sie aufgeregt herbei, er hatte eine Entdeckung gemacht: Ein Stück den Strand hinunter steckte eine Papierrolle wie ein alter Knochen zwischen zwei Mulden, dort, wo Paul Andersen und Lämmchen gesessen haben mussten. Als Petzi und seine Freunde sie aufrollten, sahen sie, dass es sich um eine Schatzkarte handelte: An der Stelle, wo der Fluss sich gabelte, war ein dickes schwarzes Kreuz eingezeichnet. Petzi erinnerte sich, dass Paul Andersen, wenn er nach einigen Bechern süßer Limonade ganz dusselig geworden war, oft von einer Karte gesprochen hatte, die seine Großmutter ihm angeblich vererbt hatte: Mit ihrer Hilfe, hatte Paul Andersen geflüstert, könne man eine Zauberhöhle finden. Petzi hatte diese Geschichte immer für Quatsch gehalten, den sich der Löwe und Lämmchen ausgedacht hatten, weil sie so einsam und allein waren hier draußen. Die Karte, fand er, sah außerdem aus, als hätte Paul Andersen sie selbst gezeichnet. Trotzdem schlug er seinen Freunden vor, gleich nach dieser Höhle zu suchen. „Hurra“, rief Pelle, und Pingo jubelte: „Das wird sicher ein tolles Abenteuer!“

Den ganzen Nachmittag über fuhren die Freunde den Fluss hinauf. Die Gabelung, zwischen der das Kreuz eingezeichnet war, war nicht mehrweit entfernt, sie sollten bald dort angelangt sein. Während Pingo am Steuer stand, schaute Petzi neugierig zum Ufer hinüber. Zwischen den Bäumen hatte er ein nacktes Krokodil entdeckt, das in einem roten Wäschezuber saß. Sein Kleid und seinen Strohhut hatte es über eine Astgabel gehängt, und hinter ihm stand ein rostiges Gerüst, von dem aus zwei Affen das Krokodil nacheinander mit Wasser aus Gießkannen besprenkelten. Als sie damit fertig waren, gingen sie zum Fluss, füllten ihre Kannen wieder auf und begossen das Krokodil erneut. Es lachte schallend, wenn das Wasser über seinen Kopf rieselte. Petzi hatte zuerst fragen wollen, ob sie etwas wüssten über die Zauberhöhle oder Paul Andersen, aber nun war ihm bei dem Anblick unheimlich zumute: Er glaubte plötzlich, dass diese Szene am Ufer sich bereits viele, viele Male wiederholt hatte und immer wieder von vorn beginnen würde. Vielleicht, dachte er, passiert etwas Schreckliches, wenn wir sie unterbrechen. „Ich frage doch lieber nicht“, sagte Petzi zu Pingo. „Sie sind so vergnügt, und haben sicher keine Zeit zum Antworten.“ Wenig später ragte ein Berg so unerwartet vor ihnen auf, dass sie sich gar nicht erklären konnten, wo er auf einmal hergekommen war. Ein Tunnel war darin auszumachen, das Schiff passte gerade so hindurch. Eine Weile glitten die Freunde in absoluter Dunkelheit dahin. Niemand sagte etwas. „Warum sagt ihr nichts?“, fragte Petzi in die Stille hinein, aber er erhielt keine Antwort. Nur einmal hörte er Pelle leise flüstern: „Wenn es nicht so dunkel wäre, könnten wir besser sehen, wie schön es ist.“

Die Freunde waren froh, den Tunnel bald wieder verlassen zu haben. Die gelbe Sonne stach ihnen jetzt böse in die Augen, und es dauerte lange, bis sie sich wieder an ihr helles Licht gewöhnt hatten. Vom Bug her ertönte ein dumpfes Poltern: Offenbar hatte das Schiff einen Baumstamm gerammt oder einen versteckten Felsen. Als die Freunde sich aufgeregt über die Reling beugten, sahen sie allerdings nur ein runzliges Schweinchen, das in einer Obstkiste über den Fluss trieb. Es trug einen geringelten Pullover und einen sehr spitzen Hut, der ihm wie ein umgedrehter Trichter auf dem Kopf saß. Sein dürftiges Boot steuerte es mit einer Schöpfkelle. Kurz glaubte Petzi, darin die Kelle wiederzuerkennen, mit der Paul Andersen ihnen damals Kirschsuppe in ihre Schüsseln gegeben hatte. Nachdem er sich und seine Freunde dem Schweinchen vorgestellt hatte, hatte er diesen Gedanken allerdings schon wieder vergessen: Stattdessen fragte er das Schweinchen, wie es heiße und ob es sich auskenne in der Gegend. Dann erklärte er ihr Vorhaben und rollte die Schatzkarte aus. Mit einer Stimme, die klang wie der Wind, der leise durch die Blätter raschelt, antwortete das Schweinchen, das sein Name Kaspar sei, und zur Höhle würden sie kommen, wenn man genau hinter ihm herfahre.

Sie folgten ihm bereitwillig weiter den Fluss hinauf und steuerten das Schiff schließlich in ein schmales Nebenflüsschen, das eng am Fuß des Berges entlang führte. Nach einer Weile deutete das Schweinchen mit seiner Schöpfkelle ans Ufer, auf eine Stelle, wo grobe Treppenstufen in den Fels gehauen waren. „Da bei der Treppe müsst ihranlegen“, zischelte es. „Dann habt ihr die Höhle genau vor der Nase.“ Die Freunde bedankten sich herzlich, aber als Pingo fragen wollte, ob es für seine Hilfe eine kleine Belohnung annehmen würde, war das Schweinchen bereits verschwunden, als hätte der Fluss es verschluckt.

Die Treppe war sehr steil und zog sich gerade wie ein Strich den Berg hinauf. Als sie oben ankamen, waren die Freunde außer Puste. Die Tür, vor der sie jetzt standen, sah der von Paul Andersens Haus sehr ähnlich, außer dass auf diese ein schwarzes Kreuz gekleckst war, und sie nicht in ein Haus hineinführte, sondern in einen Berg. Die Freunde hämmerten laut dagegen. Sie riefen Paul Andersens Namen und den von Lämmchen, doch nichts rührte sich. Da erinnerte Petzi sich vage daran, dass der Löwe einmal ein Zauberwort erwähnt hatte: Um Einlass in die Zauberhöhle zu erhalten, müsste es nur ausgesprochen werden. Petzi erzählte seinen Freunden davon, und zusammen probierten sie es mit unterschiedlichen Wörtern: Blechtonne und Schildkrötenei, Pfannkuchen und Kirschsuppe und noch vielen mehr, aber es war zwecklos: Die Tür blieb verschlossen. Niedergeschlagen setzten sie sich auf die Stufen. „Da schaut doch“, rief Pingo. Das Schweinchen Kaspar stürmte eilig die Treppe hinauf. Die Schöpfkelle hatte es wie eine Keule erhoben, und sein Gesicht war vor Freude verzerrt. Kurz bevor es die Freunde erreichte, stolperte es, stürzte und fiel mit dem Gesicht auf die Stufen. Es quiekte schrecklich, und ein wenig Blut schoss ihm aus der Nase. „Oh weh“, rief Pelle erschrocken, „der hat aber einen üblen Nasenstüber abgekriegt!“ Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als die Tür sich mit einem Knarren öffnete, und ein Känguru in Latzhosen erschien.

„Hallo und guten Tag!“, brüllte es überschwänglich. „Tretet ein, meine Freunde! Ja, ihr seid Freunde, das sehe ich!“ Petzi, Pelle und Pingo starrten das Känguru verblüfft an, das ihnen da die Tür aufhielt: Sein Maul war riesengroß, und die Augen quollen ihm fast aus dem Kopf. An manchen Stellen seines schmutzigen Fells waren dicke Büschel herausgerissen, und seine Latzhosewar löchrig und schon an sehr vielen Stellen geflickt worden. Sie waren sehr überrascht über sein unerwartetes Auftauchen, aber bevor sie sich näher mit dem Känguru beschäftigten, wollten die Freunde erst einmal dem armen Kaspar helfen, von dessen Missgeschick sie so plötzlich abgelenkt worden waren: Doch von dem Schweinchen fehlte schon wieder jede Spur, sogar das Blut auf den Stufen war verschwunden.

„Mein Name ist Hollahopp“, sagte das Känguru jetzt mit breitem Grinsen. Mit seinen großen Pfoten deutete es auf das dunkle Loch, das in den Fels hineinführte. „Kommt mit“, rief es. „Jetzt wollen wir lustig sein!